Page 33 - FEUERWEHR Festschrift 150
P. 33

GESCHICHTE DER STADTFEUERWEHR PINKAFELD | 3



             Zerfall  der  Rätediktatur  im  August  1919  die  Ge-  chen wir  leben,  auch  in  dem Verein wider.  Unlust
             meinde  geleitet  hat.  Dieser  versuchte  durch  ver-  herrscht  draußen,  und  Unlust  im  Vereine.  Die
             schiedene Zwangsmaßnahmen die Versorgung der        Nachwehen des großen für uns unheilvoll beende-
             Bevölkerung,  die  Wirtschaft  und  das  öffentliche   ten Krieges sind noch nicht vorüber. Obzwar eine
             Leben zu reglementieren. So musste die Feuerwehr    leichte Besserung in der letzten Zeit zu bemerken
             in dieser Zeit wieder Wachdienste leisten.          ist,  dürften  diese  abnormalen  Verhältnisse  noch
                                                                 lange anhalten. So will ich ihnen auch das Rezept
             In  dieser  schwierigen  Zeit  lehnte  der  Feuerwehr-  sagen, welches diese Unlust behebt. Es ist dies ein
             Kommandant G. Adolf Friedrich bei der Generalver-   kleines  Wort  und  heißt  Arbeit!  Arbeiten  müssen
             sammlung  1919  aus  Altersgründen  seine  Wieder-  wir sowohl außen, als auch in unserem Vereine.
             wahl  ab.  Er  wurde  aber  gebeten,  für  eine  Über-
             gangszeit  von  einem  Jahr  noch  auszuharren.  Als   Liebe Kameraden! Sie werden es für sonderbar hal-
             Stütze  und  Stellvertreter  sowie  als  zukünftiger   ten, daß ihr gewählter Kommandant bei der Gene-
             Kommandant  wurde  sein  Sohn  Gustav  Friedrich    ralversammlung  nicht  erscheint.  Auch  das  hängt
             jun. gewählt.                                       mit  den  heutigen  ungesunden  wirtschaftlichen
                                                                 Zeiten zusammen. Ich muß Arbeit suchen für mein
             Somit diente G. Adolf Friedrich als Gründungsmit-   Unternehmen,  Rohmaterial  und  Lebensmittel  be-
             glied  49  Jahre  dem  Pinkafelder  Feuerwehrverein,   schaffen,  damit  eine  große  Anzahl  von  Familien
             wovon er 35 Jahre als Kommandant an der Spitze      nicht brotlos werden und hoffe, daß sie mich daher
             stand. Er hat den Ausbau der Feuerwehr durch eine   entschuldigen  werden,  daß  ich  diesmal  nicht  er-
             bessere Organisation, durch den Ausbau des neuen    scheine.“
             Feuerwehrhauses,  durch  Ankauf  der  damals  mo-
             dernsten  Geräte,  wie  der  Dampfspritze,  durch  die   Bei  dieser  Generalversammlung  wurde  der  Antrag
             eingeführten  theoretischen  Schulungen,  durch     zur Anschaffung einer Motorspritze angenommen,
             Gründung  einer  Jugendfeuerwehr  und  durch  zahl-  die  Anschaffung  hat  man  aber  auf  wirtschaftlich
             reiche weitere Neuerungen zielstrebig fortgesetzt.   bessere  Zeiten  verschoben.  Die  Bereitschaft  zur
             In seiner Zeit wurde die Feuerwehr durch die Ab-    Weiterarbeit  und  zur  Erneuerung  der  Feuerwehr
             haltung von Bällen, Kränzchen und andere Veran-     war also gegeben.
             staltungen,  auch  durch  die  Gründung  einer  Feu-
             erwehrmusik,  ein  fester  Bestandteil  des  gesell-  Im  Jahr  1921  sollten  auch  die  Feierlichkeiten  zum
             schaftlichen  Lebens  von  Pinkafeld.  Nicht  zuletzt   50-jährigen  Gründungsjubiläum  abgehalten  wer-
             hat  G.  Adolf  Friedrich  den  Feuerwehrverein  in  den   den. Doch die unsicheren Zeiten vor dem Anschluss
             schwierigen  Kriegs-  und  Nachkriegsjahren  mit  gro-  des Burgenlandes an Österreich verhinderten diese
             ßem Einsatz zusammengehalten. Für seine Verdiens-   Feier. Nachdem Ende August 1921 das reguläre un-
             te wurde er zum Ehrenkommandanten ernannt.          garische  Militär  Pinkafeld  verlassen  hatte,  verhin-
                                                                 derten  ungarische  Freischärler  das  Einrücken  der
             Der  dritte  Kommandant  des  Freiwilligen  Feuer-  österreichischen  Gendarmerie.  Dabei  kam  es  am
             wehrvereins Pinkafeld war HAUPTMANN GUSTAV          28. August im Marktfeld zu einem Gefecht, wobei
             FRIEDRICH (2. 2. 1920 - 6. 9. 1924)                 zwei  Freischärler  getötet  und  fünf  verwundet
                                                                 wurden.  Die  österreichische  Gendarmerie  zog  sich
             Gustav Friedrich übernahm die Führung der Pinka-    aber wieder zurück. Bis zum Spätherbst 1921 errich-
             felder Feuerwehr in einer politisch und wirtschaft-  teten nun zweifelhafte Elemente eine Willkürherr-
             lich sehr unsicheren Zeit, von der natürlich auch der   schaft in Pinkafeld.
             Feuerwehrverein  betroffen  war.  Einen  kleinen  Ein-
             blick  in  die  trostlosen  Verhältnisse  dieser  Nach-  Ruhe  und  Ordnung  kehrte  erst  nach  dem  Ein-
             kriegszeit gibt der Bericht des Kommandanten, der   marsch  des  österreichischen  Bundesheeres  am
             bei  der  Generalversammlung  am  30.  Jänner  1921   25. November 1921 in Pinkafeld ein. Am 5. Dezem-
             verlesen  wurde,  wo  er  sich  entschuldigen  lassen   ber erfolgte die offizielle Übergabe des Burgenlan-
             musste:                                             des an Österreich.

             „Obzwar der Verein, wie ja der Name beweist, ein
             unpolitischer  Verein  ist,  spiegeln  sich  die  Umwäl-
             zungen, welche in diesen unruhigen Zeiten, in wel-

                                                             31                                          150  JAHRE
                                                                                                         1871 — 2021
   28   29   30   31   32   33   34   35   36   37   38