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3 | GESCHICHTE DER STADTFEUERWEHR PINKAFELD



             DER ERSTE WELTKRIEG                                 Bauern,  die  aufgrund  der  fehlenden  Arbeitskräfte
                                                                 ohnehin  schon  überfordert  waren.  Aber  trotzdem
             1914 BIS 1918                                       war auch eine gut geschulte und eingeübte Feuer-
                                                                 wehrtruppe  notwendig.  Daher  beschloss  man  in

                    er Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 hat ein-  dieser  Notsituation  auf  Antrag  des  Kommandan-
                    schneidende  Veränderungen  für  die  Feuer-  ten,  dass  sich  die  Feuerwehrmänner  durch  Unter-
             Dwehr  mit  sich  gebracht.  Gleich  zu  Beginn     schrift  und  Handschlag  verpflichten  müssen,  ein
             und  im  Laufe  der  Jahre  wurden  viele  Feuerwehr-  volles  Jahr  dem  Feuerwehrverein  zu  dienen.  Diese
             männer  zum  Kriegsdienst  einberufen,  sodass  bis   Verpflichtung lautete im Original:
             zum Ende des Krieges schon mehr als die Hälfte der
             Mitglieder  fehlte.  Von  den  vierundvierzig  zum   „Laut Generalversammlungsbeschluß vom 3. März
             Kriegsdienst eingerückten Feuerwehrmännern sind     1918 verpflichte ich mich, dem Pinkaföer Freiwilli-
             sieben  gefallen,  und  einer  wurde  vermisst.  Viele   gen Feuerwehrverein auf ein Jahr, das ist bis Ende
             wurden verwundet oder kamen in Kriegsgefangen-      Februar 1919, als actives Mitglied beizutreten, alle
             schaft.  Ersatz  dafür  war  keiner  zu  finden.  Es  war   angeordneten  Übungen  und  ernste  Arbeiten  bei
             daher sehr schwierig, das Vereinsleben aufrecht zu   einem eventuellen Brande, nach den bestehenden
             erhalten. Die Zahl der Übungen und theoretischen    Statuten,  mit  größter  Gewissenhaftigkeit,  Fleiss,
             Schulungen  wurde  immer  weniger,  1917  mussten   Ausdauer und Pünktlichkeit zu vollführen und vor
             die  Theorievorträge  überhaupt  eingestellt  werden.   Ablauf  des  Jahres  nicht  ohne  event.  zwingender
             Zum Glück kam es während der Kriegszeit nur zu      nachgewiesener begründeter Ursache aus demsel-
             einem kleineren Brand in Pinkafeld.                 ben  ausscheide.  Diesen  meinen  Willen  dokumen-
                                                                 tiere ich hier durch meine eigene Unterschrift und
             Am  11.  August  1915  kam  es  aber  zu  einer  großen   durch  Handschlag  an  den  Commandanten,  wel-
             Überschwemmungskatastrophe in Pinkafeld. Bei        ches ich als Gelöbnis betrachte. Gott zur Ehr, dem
             diesem Hochwasser wurde eine Badehütte, die sich    Nächsten zur Wehr!“
             auf dem Gelände des heutigen Sportplatzes befand,
             weggerissen.  Die  Seitenteile  der  Hütte  blieben  bei   Der  Verpflichtung  kamen  65  Männer  nach.  Diese
             der  Hohen  Brücke  hängen,  wodurch  das  Wasser   Art  der  Dienstverpflichtung  blieb  dann  mehrere
             aufgestaut worden und über die Ufer getreten ist.   Jahre hindurch aufrecht.
             Die Wassermassen strömten weit in die Bruckgasse
             Richtung Marktplatz beziehungsweise in die Grazer
             Straße. Die neben der Brücke stehende Nepomuk-      NACHKRIEGSJAHRE VON
             kapelle soll damals circa einen Meter unter Wasser
             gestanden sein, eine Markierung an der Außenwand    1918 BIS 1921
             erinnerte daran.
                                                                       ie  ersten  Nachkriegsjahre  waren  nicht  nur
             Somit  musste  sich  die  Feuerwehr  erstmals  einer      für die Bevölkerung Pinkafelds, sondern auch
             neuen  Aufgabe  neben  der  Brandbekämpfung  stel- Dfür  den  Feuerwehrverein,  wirtschaftlich
             len, die in den folgenden Jahrzehnten des Öfteren   schwierig  und  politisch  unsicher.  Nach  dem  Zu-
             wahrgenommen  werden  musste.  Dies  kann  man      sammenbruch  der  Doppelmonarchie  Österreich-
             als ersten kleinen Schritt der Umwandlung der Feu-  Ungarn kam es am 16. November 1918 zur Ausru-
             erwehr von einer reinen Löschtruppe zu einer um-    fung der Republik Ungarn. Die Gemeinde Pinkafeld
             fassenden  Katastrophen-  und  Zivilschutztruppe    musste für die neu ins Leben gerufene Nationalgar-
             betrachten. Zu den großen Veränderungen des Wir-    de ein Quartier bereitstellen, wofür das Vereinslokal
             kungsbereiches kam es aber erst nach dem Zweiten    der  Feuerwehr  herangezogen  wurde.  Bald  danach
             Weltkrieg.                                          diente es der ungarischen Grenzwache als Quartier.
                                                                 Ein Zeichen der Normalisierung war die Abhaltung
             Gegen Ende des 1. Weltkrieges wurde die personelle   eines Feuerwehrballes im März 1919. Im März dieses
             Situation  der  Feuerwehr  immer  schlechter.  Auch   Jahres wurde in Ungarn eine kommunistische Räte-
             die zuhause gebliebenen Feuerwehrmänner hatten      diktatur unter Bela Kun ausgerufen. Darauf in kam
             weder Zeit noch Freude an der Vereinstätigkeit. Vie-  es auch in Pinkafeld durch Einheimische zur Bildung
             le von ihnen waren selbständige Handwerker oder     eines Arbeiter- und Soldatenrates, der hier bis zum


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